Grenzen setzen – Selbstfürsorge durch klare Kommunikation und ein reguliertes Nervensystem
Warum ist das Setzen von Grenzen wichtig?
Grenzen helfen uns, unsere Energie zu schützen und verhindern, dass wir uns emotional und körperlich erschöpfen. Sie definieren, was für uns akzeptabel ist und was nicht. Ohne klare Grenzen kann es passieren, dass wir uns in toxischen Beziehungen verlieren, uns überlasten oder uns nicht genug Raum für unsere eigenen Bedürfnisse nehmen.
Ein gesundes „Nein“ ist kein Angriff auf andere – es ist eine liebevolle Geste der Selbstfürsorge.
- Typische Anzeichen, dass deine Grenzen schwach oder unklar sind:
Du fühlst dich oft überfordert oder ausgebrannt - Du sagst „Ja“, obwohl du eigentlich „Nein“ meinst.
- Du fühlst dich schuldig, wenn du um Zeit für dich selbst bittest.
- Du hast Angst vor Konflikten und vermeidest Konfrontationen.
Die gute Nachricht: Grenzen setzen kann man lernen – und es beginnt mit der bewussten Kommunikation und der Regulation des Nervensystems.
Grenzen aus psychotherapeutischer Sicht – Das Nervensystem verstehen
Unser Nervensystem spielt eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, Grenzen zu setzen und aufrechtzuerhalten. Die Polyvagal-Theorie von Dr. Stephen Porges erklärt, wie unser autonomes Nervensystem auf Stress, Gefahr und zwischenmenschliche Signale reagiert.
- Kampf-/Flucht-Reaktion: Wenn du dich bedroht fühlst (z. B. durch eine Grenzüberschreitung), reagiert dein Nervensystem mit Stress. Du wirst vielleicht wütend oder ziehst dich zurück.
- Fawn Response („Bitte allen gefallen“): Viele Menschen reagieren auf Stress, indem sie sich anpassen und übermäßige Rücksicht auf andere nehmen – auch wenn es ihnen selbst schadet.
- Dorsale Vagusreaktion (Erstarren): Bei Überforderung kann das Nervensystem „abschalten“ – du fühlst dich müde, resigniert oder machtlos.
Warum ist das wichtig für Grenzen?
Wenn du in einer Stressreaktion bist, ist es schwer, klare Grenzen zu kommunizieren. Dein Körper befindet sich in einem Modus des Überlebens, nicht der Selbstbestimmung. Deshalb ist es essenziell, dein Nervensystem zu regulieren, bevor du Grenzen setzt.
Praktische Tipps zur Regulation:
– Tiefe Bauchatmung, um das Nervensystem zu beruhigen.
– Bewegung (Yoga, Spaziergänge), um den Körper aus der Stressreaktion zu holen.
– Erdung durch bewusste Sinneswahrnehmung (fühle den Boden unter deinen Füßen, atme bewusst ein und aus).
– Körperliche Abgrenzung: Setze dich bewusst aufrecht hin und spüre deinen Raum.
Klare Kommunikation: Wie du Grenzen respektvoll setzt
Viele Menschen haben Angst, Grenzen zu setzen, weil sie befürchten, andere zu verletzen oder abgelehnt zu werden. Doch Grenzen müssen nicht hart oder aggressiv sein – sie können sanft, aber bestimmt gesetzt werden.
Hier hilft die Gewaltfreie Kommunikation (GFK) nach Marshall Rosenberg:
- Beobachtung: „Mir ist aufgefallen, dass ich oft bis spät abends arbeite, weil immer mehr Aufgaben hinzukommen.“
- Gefühl: „Das führt dazu, dass ich mich erschöpft und gestresst fühle.“
- Bedürfnis: „Ich brauche mehr Zeit für mich, um meine Energie aufzuladen.“
- Bitte: „Ich möchte in Zukunft meine Arbeitszeiten klarer einhalten und nach 18 Uhr keine neuen Aufgaben mehr annehmen.“
Weitere hilfreiche Sätze für klare Grenzen:
„Ich kann heute nicht, aber ich wünsche dir viel Erfolg!“
„Das fühlt sich für mich nicht gut an, daher werde ich es nicht tun.“
„Ich verstehe dein Anliegen, aber ich brauche Zeit für mich.“
„Ich liebe dich, aber ich entscheide mich anders.“
Je öfter du Grenzen setzt, desto leichter wird es – und desto mehr Respekt wirst du für dich selbst gewinnen.
Innere Kind-Arbeit: Warum das Setzen von Grenzen oft schwerfällt
Viele Menschen haben Schwierigkeiten mit Grenzen, weil sie in der Kindheit gelernt haben, dass ihre Bedürfnisse nicht so wichtig sind. Vielleicht hast du früh erfahren, dass „brav sein“ bedeutet, sich anzupassen und keine Widerworte zu geben.
Typische Prägungen, die Grenzen erschweren:
„Ich muss nett sein, sonst mag mich niemand.“
„Wenn ich Nein sage, enttäusche ich andere.“
„Ich bin nur wertvoll, wenn ich anderen helfe.“
Doch als Erwachsene haben wir die Möglichkeit, diese alten Muster zu durchbrechen.
Übung für dein inneres Kind:
Schließe die Augen, stelle dir dein jüngeres Ich vor und sage:
„Du bist wertvoll, auch wenn du Nein sagst. Deine Bedürfnisse sind wichtig. Du darfst deinen Raum einnehmen.“
Diese einfache Praxis hilft, tief verankerte Überzeugungen umzuprogrammieren und das Vertrauen in die eigene Stimme zu stärken.
Fazit: Grenzen sind Selbstfürsorge
Grenzen setzen ist keine Egozentrik – es ist ein Akt der Selbstliebe. Ein reguliertes Nervensystem hilft dir, ruhig und klar zu bleiben. Bewusste Kommunikation ermöglicht es, Grenzen zu setzen, ohne Konflikte zu eskalieren. Und durch innere Kind-Arbeit kannst du tief verwurzelte Ängste überwinden und lernen, deine Bedürfnisse ernst zu nehmen.
Erinnere dich: Du bist nicht dafür da, es allen recht zu machen – sondern dafür, dein Leben in Balance zu halten. ✨
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